Agatha Mazur ist für mich eine der ermutigenden jungen Menschen, die für sich persönlich die perfekte Balance schlagen: zwischen sich-ausprobieren und seiner-Vision-treu-bleiben, zwischen den-eigenen-Weg-verfolgen und mal-schauen-was-passiert.
Gebürtig kommt sie aus Bergisch-Gladbach; vor knapp zwei Jahren entschied sie sich jedoch, für ein Volontariat ins schöne Koblenz zu ziehen. Hier lernte sie alles, was sie als Journalistin und Redakteurin wissen muss – und noch mehr. Als Tausendsassa verkörpert sie, was der moderne Journalismus heutzutage braucht: einen offenen Blick, den versierten Umgang mit den unterschiedlichsten Medienformen – und den Mut, die Dinge ein bisschen aufzurütteln.
Darüber, wie Agatha ihren Berufseinstieg als Volontärin empfunden hat, was sie gelernt hat und wie es für sie nun weitergeht, habe ich mit ihr im heutigen Interview gesprochen.
- Liebe Agatha, was hast du studiert und was machst du jetzt beruflich?
Studiert habe ich die Klassiker, die fast jeder Journalist an der Uni mitgenommen hat: Kommunikations- und Medienwissenschaft (in meinem Fall an der wunderschönen Uni in Bonn – der Hofgarten im Sommer: Einfach herrlich…) Mit der richtigen Wahl des Nebenfachs habe ich mich schwer getan. Anfangs hatte ich zwei Semester Slavistik studiert, aber da hat mir der Schwerpunkt nicht gefallen: Zu russischlastig, es ging fast nur um Literatur und Sprache. Die Geschichte und Politik Osteuropas kam da viel zu kurz, aber das waren eigentlich die Themengebiete, die mich am meisten interessierten! Also hab ich dann im dritten Semester auf Politikwissenschaft umgeschwenkt. Und diese Entscheidung bereue ich auf keinen Fall. Bereits während meines letzten Uni-Jahres habe ich nebenbei in der Unternehmenskommunikation der Deutschen Post gearbeitet: Texte für die internen Medien geschrieben, Onlineportale redaktionell betreut und auch mitkonzipiert, und mich auf Facebook, Twitter und Google+ um den Content und die Community gekümmert (nebenbei Grüße an alle Postboten….nein, es heißt Briefzusteller :)). Nach meinem Abschluss habe ich das dann quasi hauptberuflich gemacht, nebenbei war ich als freie Journalistin für den Kölner Stadt-Anzeiger unterwegs. Und irgendwann hat es dann “Zack” gemacht: Ich will mehr davon! Ich habe mich auf Volontariate beworben, habe mich von den Stimmen nicht abschrecken lassen, die gesagt haben: “Uuh, das ist ja heutzutage super schwer, an ein Volo heranzukommen”. Und siehe da: Die vergangenen zwei Jahre habe ich als Volontärin bei der Rhein-Zeitung in Koblenz gearbeitet und wurde zur Redakteurin ausgebildet.
- Glückwunsch! Was würdest du sagen – hat dich dein Studium adäquat auf das Berufsleben vorbereitet?
Es ist wie so häufig “learning by doing”. Klar häuft man an der Uni viel Wissen an und es hilft, sich bereits vorher mit dem Gebiet auseinander gesetzt zu haben, in dem man auch später arbeiten will. Aber am schnellsten und effektivsten geht es, wenn man einfach arbeitet und mitten hinein springt ins kalte Wasser. Da kann einem im Zweifelsfall auch das, was man an der Uni gelernt hat, nicht helfen. Man muss einfach ausprobieren und machen. Die Studienzeit ist ja laut dem Humboldt’schen Ideal auch eine Zeit, in der man eine Beziehung zu sich und der Welt aufbaut, in der man seine Persönlichkeit entwickelt und sich (im Idealfall) zu einem autonomen Individuum mausert. Das ist meiner Meinung nach das Wahre, das Wichtige, was man vom Studium mitnehmen kann. Und was natürlich auch im späteren Berufsleben nur helfen kann.
- Was hat dir persönlich beim Berufseinstieg denn am meisten geholfen? Und welche Rolle spielt deiner Meinung nach das Bloggen in der Journalismus-Branche?
Es ist ein Mix aus allem. Aber geholfen hat vor allem: Offen für alles zu sein, immer dranzubleiben und Chancen zu ergreifen. Wenn ich zurückblicke, sehe ich eine Kombination zwischen “beschwingten Mutes in die richtige Richtung marschieren und sich nicht beirren lassen” und “spontan sein und rein ins Gelegenheitsfenster springen, wenn es sich öffnet”. Vorgezeichnet war und ist mein Berufsweg bei Weitem nicht, aber wenn sich die Richtung gut anfühlt und man immer dranbleibt, ergeben sich die Gelegenheiten.
Bloggen spielt im Journalismus eine echt große Rolle. Ich selbst blogge auch gerne und viel. Eigene Blogs zu betreiben, hat gleich mehrere Vorteile: Du bist deine eigene Herrin und kannst über genau die Themen schreiben, auf die du Lust hast und zu denen du etwas sagen möchtest. Du hast aber auch die volle Entscheidungsgewalt über das Design, die Häufigkeit deiner Artikel, usw. Und natürlich kannst du dich auch ausprobieren. Das verlangt aber auch, dass du immer dranbleibst – es gibt nichts Schlimmeres als einen Blog, der verwahrlost und dem man ansieht, dass sich monatelang niemand darum gekümmert hat. Das führt zu einem weiteren Punkt: Der Blog ist deine Visitenkarte, vielleicht ist es das erste, was ein potentieller Arbeit- oder Auftraggeber von dir sieht? Das sollte man immer bedenken, da steckt eine Riesenchance drin. Aber im Grunde ist dein Blog erstmal dein ureigenstes, persönliches Sprachrohr und viele Journalisten nutzen das auch als solches.
- Wie sieht dein Arbeitsalltag aus, was sind konkret deine Aufgaben?
Bei der Rhein-Zeitung lerne ich ganz klassische Redakteursarbeit: Ich schaue, wo sich Themen ergeben, recherchiere dann Fakten, Zahlen, Gesprächspartner, mache Termine für Interviews aus, ordne meine Informationen und schaue: “Was ist wichtig? Was muss rein, was kommt raus?” und schreibe dann den Artikel. Online und Social Media nimmt mittlerweile viel Raum ein, auch kleine Videosequenzen oder Vine-Videos bringe ich schonmal mit. In Konferenzen stimme ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen ab, vergebe Termine an die freien Mitarbeiter. Häufig super schön, aber oftmals auch anstrengend: Es vergeht kaum ein Tag, wo ich nicht draußen unterwegs bin.
- Journalismus ist ein hartes Pflaster. Was motiviert dich, trotzdem am Ball zu bleiben? Was ist dein „Warum“?
Es gibt einfach kaum etwas Spannenderes als Menschen, Gesellschaft, Politik. Wie organisiert sich das Zusammenleben, an welchen Themen reiben sich die Leute, wo entstehen neue Entwicklungen? Das beobachte ich gerne, pflücke es auseinander und analysiere es. Und wenn ich dazu noch ein großes Feature oder am liebsten eine Reportage (ja, sie gilt nicht umsonst als die “Königsdisziplin”) schreibe und meine Gedankengänge ausführen kann, macht es mir richtig Spaß. Und ich finde es immer noch faszinierend zu wissen, dass da draußen potentiell so viele Menschen das lesen, was ich “zu Papier” gebracht habe. Vergangenes Jahr bin ich zwei Tage lang durch die Vordereifel gepilgert und habe eine Reportage daraus gemacht. Die Vorstellung, dass die Leser den Weg und das Erlebte durch meine Augen miterleben und nachempfinden können, ist grandios. Man ist da aber Berufseinsteigerin durchaus auch ehrfürchtig, schließlich erlegt es einem auch eine große Verantwortung auf.
- Wie geht es für dich weiter? In einer idealen Welt, in der alles so verläuft, wie du es dir erträumst – wo siehst du dich in 5 Jahren?
Ach, was ist schon “die ideale Welt”? Und woher weiß man, dass das, was man unbedingt will oder zu wollen glaubt, wirklich das ist, was einem am meisten Spaß macht, was man am besten kann oder was einem gut tut? Und will man etwas, weil es der innerste, sehnlichste, ureigenste Wunsch ist oder hat sich da ein Gedanke eingeschlichen, der eigentlich gar nicht von einem selbst stammt, den man dann aber unbewusst zu seinem eigenen Wunsch gemacht hat? Okay, das ist jetzt zu philosophisch. Fakt ist: Wüsste ich ganz genau, was ich will, würde ich den unerwarteten Wendungen, neuen spannenden Themen und inspirierenden Menschen, die ich noch kennenlernen werde, die Chance nehmen, mich zu überraschen und mein Leben zu beeinflussen. Den gradlinigen, vorbestimmten Weg gibt es für mich nicht. Aber ich habe mir vorgenommen, mir treu zu sein. Ja, ich weiß, das ist eine ausgelutschte, zu häufig genutzte Formulierung. Aber ich meine damit: Mir ist es wichtig, das Gefühl zu haben, hinter meiner Tätigkeit zu stehen, ich will einen Sinn in ihr sehen und sie soll mich mit Energie erfüllen und weiterbringen. Wenn eine Arbeit das nicht mehr leisten kann, ist sie nicht die richtige für mich.
- Stell dir vor du könntest deinem jüngeren Ich einen Tipp geben – welcher wäre das?
Da es keinen vorbestimmten, in Stein gemeißelten Weg für mich gibt, dem ich unbedingt folgen möchte, erübrigt sich die Frage. Hätte ich im Studium etwas anders gemacht – das eine Praktikum statt des anderen, das Nebenfach statt jenes – hätte es mich vielleicht auf einen etwas anderen Weg geführt. Wenn ich trotzdem zufrieden gewesen wäre: Auch gut!