Mit der Selbstständigkeit verhält es sich wie mit einer neuen Kurzhaarfrisur – haben wir uns erst einmal dafür entschieden (nach langem hin und her und ja, nein, vielleicht, ach doch nicht) dann würden wir am liebsten gestern schon auf dem Friseurstuhl sitzen. Denn sobald wir uns innerlich von den langen blonden Locken der Angestelltentätigkeit verabschiedet haben, hätten wir am liebsten einen Knall. Eine radikale Veränderung. Am liebsten jetzt gleich. Sofort.
Was daran falsch sein soll?
Natürlich gibt es Ausnahmen – aber die meisten Businessmodelle benötigen Zeit, zu reifen. Die wenigsten Menschen verdienen von heute auf morgen mit ihrer Selbstständigkeit so viel Geld, dass sie direkt davon Leben und all ihre Ausgaben decken können. Oft stehen teure Investitionen auf dem Programm. Fortbildungen. Umschulungen. Man muss sich in der neuen Position erst einmal zurecht finden.
Und da wäre noch die große Frage: ist Selbstständig-sein überhaupt was für mich? Arbeite ich gerne selbstbestimmt? Kann ich mit dem Druck umgehen, für alles selbst verantwortlich zu sein? Arbeite ich gerne alleine, beziehungsweise im Homeoffice? Was ist, wenn ich nach ein paar Wochen merke, dass das alles gar nichts für mich ist?
Die Lösung: Nebenbei Gründen
Klar, nebenbei zu Gründen ist keine radikale Veränderung, die wir uns doch ach so sehr herbeiwünschen. Kein Knall, mit dem sich unser Leben von heute auf morgen grundlegend verändert. Aber schauen wir uns die erfolgreichen Unternehmer – also unsere Vorbilder – mal genauer an: wie viele von denen haben alles auf eine Karte gesetzt und sind von heute auf morgen in die Selbstständigkeit gesprungen? Sicher die wenigsten. Die meisten haben bereits während ihres Angestelltenverhältnisses Kontakte geknüpft, Kooperationspartner gefunden, die ersten Kunden betreut oder zumindest akquiriert.
Nehmen wir beispielsweise den Businesscoach und YouTuber Robert Gladitz. Er hat nebenbei gegründet.
Die Begründerin der deutschen Digitalen Nomadenbewegung, Conni Biesalski. Auch sie hat ihr Online-Business zuerst nebenbei gestartet.
Auch ich hatte bereits fünf Jahre als Bloggerin und so einige freiberufliche Aufträge hinter mir, bevor ich schließlich den Sprung in die Vollzeitselbständigkeit gewagt habe.
Und so machen es die meisten erfolgreichen (Online-)Unternehmer. Denn gerade wer seine Selbstständigkeit um einem Blog oder YouTube-Kanal herum aufbaut hat, der weiß, wie langwierig und steinig der Weg zu einem erfolgreichen Online-Projekt ist. Er kostet viel Durchhaltevermögen und umso mehr “kostenlosen” Einsatz, der sich erst in ein paar Monaten oder gar Jahren auszahlt. Aber auch ein “normaler” Kundenstamm baut sich nicht von alleine auf.
Warum es also nicht einfach langsam angehen und die ersten Schritte in die Selbstständigkeit bereits gehen, solange man noch auf das Sicherheitsnetz eines Angestellten zurückgreifen kann?
Vorteile des Nebenbei-Gründens
Man hat kein/kaum Risiko, da man über das Angestelltenverhältnis noch versichert und finanziell versorgt ist
Man kann Zeit und Geld in die eigene Weiterbildung investieren
Man kann die ersten Monate eines Online-Projekts überbrücken, in denen es nur Geld kostet und noch nichts oder nicht viel einbringt
Man kann herausfinden, ob die Selbstständigkeit überhaupt etwas für einen ist (mit allen Vor- und Nachteilen) ohne hinterher ohne Job dazustehen
Man kann sich langsam an den Papierkram herantasten, der mit so einer Selbstständigkeit einhergeht
Man kann herausfinden, was genau einem Spaß macht und wie genau das Business in Zukunft aussehen soll
Man kann sich schonmal an das hohe Arbeitspensum gewöhnen, das in der Selbstständigkeit auf einen wartet. Und wer für eine gewisse Zeit zwei Jobs (also eigenes Business & normaler Job) auf einmal machen kann, der schafft auch später nur die Selbstständigkeit alleine.
Man lernt sich zu organisieren.
Man braucht keinen großen Mut. Denn man riskiert ja erstmal nichts.
Es gibt also neben der Arbeitsbelastung eigentlich keinen Grund, es mit dem eigenen Business nicht erst einmal nebenbei zu probieren. Außer vielleicht, dass sich die Selbstständigkeit vielleicht nicht ganz so schnell entwickelt, wie wenn man direkt 24/7 Zeit darin stecken kann. Aber dafür wächst sie langfristig, dauerhaft und nachhaltig.
Meine Tipps zum Nebenbei-Gründen
Organisation ist alles: Gerade um beide Jobs unter einen Hut zu bekommen, muss man sich gut organisieren können um z.B. seine normale Arbeit schneller zu erledigen, um mehr Zeit für die Selbstständigkeit zu haben oder die wenige Zeit nach Feierabend sinnvoll in den Aufbau des Business zu investieren
Akzeptiere, dass irgendwas auf der Strecke bleibt. Freunde, Sport, Job, Business und Hobbys – alles auf einmal bekommst du sicher nicht unter einen Hut. Versuch also auch hier dein Privatleben zu organisieren und dich mit deinen Freundin statt zum Café lieber zum Sport zu treffen. Und auch so wird manches einfach manchmal auf der Strecke bleiben.
Kaffee (oder Äquivalent – bei mir ist es Club Mate) ist dein bester Freund.
Versuch trotzdem mindestens 6 Stunden zu schlafen. Sonst hältst du das ganze nicht dauerhaft durch. Jedenfalls geht das mir so.
Nutze Wartezeiten beispielsweise in Bus und Bahn oder beim Arzt sinnvoll und schreibe Artikel, bilde dich fort oder poste in Social Media Netzwerken.
Nutze jede Chance zum Netzwerken, die es gibt (Barcamps, Online-Konferenzen, Webinare etc.)!
Die Arbeitsbelastung in deinem normalen Job ist zu hoch um noch etwas anderes nebenbei zu machen:? Dann besprich mit deinem Arbeitgeber eventuelle Stundenzahlreduzierungen (siehe: Teilselbstständigkeit) oder überlege sogar für gewisse Zeit in einen “leichteren” Job zu wechseln, der dich vielleicht weniger beansprucht.
Was meinst du? Ist Nebenbei-Gründen eine Option für dich, oder hast du vielleicht selbst nebenbei Gegründet und hast eigene Erfahrungen zu dem Thema? Ab in die Kommentare damit!