Dass man nicht unbedingt studiert haben muss, um beruflich glüchlick zu werden, hat Lan gezeigt. Nach zwei begonnenen und wieder abgebrochenen Studiengängen – Wirtschaftsingenieurwesen (Elektrotechnik) und Wirtschaftsinformatik – entschloss sie sich das zu tun, was sie gut kann: Emails schreiben.
Wie und warum sie das gemacht hat, hat sie uns im Berufseinsteiger-Interview erzählt.
- Lan, was genau machst du jetzt beruflich?
Ich bin im E-Mail Marketing Bereich tätig, d.h. ich berate Online-Marketer mit eigenem Online-Business, wie man E-Mails mit hohen Öffnungs-, Klick- und Verkaufsraten schreibt.
- Du hast dein Studium abgebrochen und bist als Selbstständige durchgestartet – was hat dir beim Einstieg ins Berufsleben am meisten geholfen?
Das Umfeld ist das Wichtigste, d.h. deine Mitmenschen. Ich hatte das Gefühl, von meinem alten Umfeld nicht den Rückhalt zu bekommen, den ich mir gewünscht hätte und bin daraus folgend nach Köln gezogen. Ich glaube, dass sich jeder selbständig machen kann, solange man zu 100% Durchhaltevermögen zeigt und sich gegen sein Umfeld setzt, das einen negativ beeinflusst und runterzieht. Als ich meinen Freunden erzählte, dass ich in die Selbständigkeit gehen will und mein Studium vorerst stilllege, dachte ich, ich könnte mit jeder Stimme zählen – aber dem war leider nicht so.
Das hat mich wirklich runtergezogen und ich habe deswegen oft geweint und aufgeben wollen. Aber ich hatte das Glück, dass ich die richtigen Leute gefunden habe, die genau dasselbe wie ich durchgemacht haben und habe auch aus diesen Gründen meine Heimat hinter mich gelassen und von Null nochmal in Köln neu angefangen.
- Was hast du aus dem Studium ins Berufsleben mitgenommen?
Ehrlich gesagt habe ich ein schlechtes Bild vom Bildungssystem, weshalb ich mein Studium abgebrochen habe. Ich sollte Sachen lernen, die ich für meinen Beruf gar nicht brauchte. Das Wissen aber, das ich gebraucht hätte, wurde uns nicht vermittelt. Am schlimmsten war für mich, dass ich so viel auswendig lernen musste, was schon lange veraltet ist und im heutigen Berufsleben nicht mehr angewendet wird.
Da fühlt man sich schon ziemlich hilflos, wenn man dann in die freie Wirtschaft losgelassen wird, aber das Gefühl mitnimmt, dass man „eigentlich nichts kann“. Und das Gefühl hatte nicht nur ich, sondern der Großteil an Studenten an meiner Uni.
- Wie sieht dein Alltag aus? Wie kriegst du all deine Projekte und dein Privatleben unter einen Hut?
Mein Alltag ist frei gestaltbar, das liebe ich an der Selbständigkeit. Sei es, dass ich aufstehe wann ich will, von überall auf der Welt arbeite oder das tue, wonach mir ist. Allerdings ist es, finde ich, in der Selbständigkeit schwer, Privatleben von Beruf zu trennen. Meistens sitzt man dann noch abends vor dem Rechner und schreibt Mails für Kunden und Partner fertig, anstatt einfach mal seine Lieblingsserie zu schauen. Aber das nehme ich in Kauf, wenn sich mein Beruf wie ein Hobby anfühlt, und man sozusagen den ganzen Tag seinem Hobby nachgeht.
Meistens lege ich vorm Schlafengehen drei Prioritäten bzw. Ziele für den nächsten Tag fest, die erfüllt werden müssen, damit ich auch produktiv arbeiten kann. Und wenn ich mit meinen Freunden unterwegs bin, und ein Bierchen trinke, dann reden wir oft über nerdige Sachen im Online-Marketing Bereich, sodass man wieder richtig Lust hat, was cooles zu starten und an seinem Projekt zu arbeiten.
- Was motiviert dich, immer weiter zu machen? Was ist dein „Warum“?
Mein Warum: passives Einkommen. Pure Freiheit. Das bedeutet, das zu arbeiten, was ich will. Wann ich es will – egal ob ich heute um 10 aufstehe oder eine Woche nichts mache und faulenze. Und von wo aus. Heute Köln, morgen Kanada, Argentinien im Winter. Außerdem möchte ich etwas tun, worin ich mein eigener Chef sein kann. Ich möchte für niemanden oder für jemandes Traum arbeiten.
Als mir bewusst wurde, dass ich ein 0815 Leben führe – à la ich studiere, arbeite 40h pro Woche für jemanden anderen, heirate, bekomme zwei Kinder, baue ein Haus etc. – war mir bewusst, dass das nicht das Leben sein kann, sondern dass es da draußen noch mehr gibt, wofür es sich zu leben lohnt. Ich möchte die Welt sehen, mit all ihren Kulturen und Vielfalten, mit all den Menschen, die so unterschiedlich leben. Und dazu reichen 28 Tage Urlaub im Jahr einfach nicht.
Außerdem habe ich gemerkt, dass es mich wirklich nicht glücklich macht, ständig im selben Büro gefangen zu sein und dort 8h am Tag produktiv arbeiten zu müssen. Jeden Tag in denselben vier Wänden, mit denselben Kollegen, demselben Umfeld – das ist mir zu wenig Abwechslung. Das Leben bedeutet für mich Freiheit und Abwechslung – und dafür lohnt es sich jeden Tag zu kämpfen.
- In einer idealen Welt, in der alles so gelaufen ist, wie du es dir erträumst – wo bist du dann in 5 Jahren?
Ich habe meine Investitionen – eventuell in EFT’s an der Börse oder in Immobilien – und lasse das Geld für mich arbeiten. Vielleicht kann ich dann meinem Mitbewohner seinen Wunsch vom Jetski erfüllen 🙂
Aber ehrlich gesagt, weiß ich noch nicht, wo ich in 5 Jahren stehen werde. Ich weiß kaum, wie es morgen aussieht, geschweige denn in den nächsten Monaten oder Jahren. Natürlich sollte man seine Visionen haben, jedoch habe ich mir etwas von den Brasilianern abgeguckt: Einfach nicht planen und genießen! Auf jeden Fall bin ich offen für alles. Vielleicht bin ich ja dann auch gar nicht mehr im Online-Marketing mehr tätig!
- Wenn du deinem jüngeren Ich begegnen würdest, welchen wertvollen Tipp würdest du dir geben?
Tue nur das, was du liebst. Hechte nicht dem Geld hinterher. Lerne, den Moment zu genießen.
Ich finde es schade, dass so viele junge Menschen einem Bild hinterherrennen, das sie vielleicht gar nicht sein wollen. Z.B., dass alle studieren müssen und dann feststellen, dass ein Studium nicht unbedingt mehr Glück, Zufriedenheit und Reichtum bedeutet. Glück hängt ja auch nicht von externen Faktoren wie Geld, Ruhm, Haus, Partnerschaft etc. ab, sondern eben an seinen inneren Werten.
Ich würde mir raten: liebe die Arbeit , die du tust. Genieße dein Leben in vollen Zügen und finde deinen eigenen Weg, ohne auf andere hören zu müssen. Ich bin sehr froh, dass mir dies schon sehr früh bewusst wurde, als ich mit 15 Jahren vom Elternhaus ausgerissen bin.