Als ich Anna Geuchmann das erste mal kennenlernte, war ich begeistert von ihrem neusten Projekt: als Pressesprecherin des Netzwerks Women in Digital e.V. möchte sie die Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche erhöhen, sie miteinander vernetzen und einen Austausch ermöglichen. Dabei ist es egal, ob diese nun Gründerinnen, Unternehmerinnen oder Entscheiderinnen aus der Wirtschaft oder der Politik sind. Die Digitalisierung berührt uns mittlerweile alle – ob im Privaten oder im Beruflichen – und birgt vor allem für Frauen enorme Chancen.
Ich habe mit Anna über ihren Berufseinstieg, ihre Wünsche für die Zukunft und das Vertrauen in das eigene Bauchgefühl gesprochen.
- Anna, was machst du beruflich?
Ich bin seit März 2016, ganz frisch, Senior PR & Public Affairs Consultant bei der neugegründeten Beratung startup affairs. Das Unternehmen unterstützt strategisch insbesondere startups und Investoren, die in stark regulierten Branchen tätig sind. Wir sind ein Dreierteam und ich die erste Angestellte – so aufregend! Ich habe das große Glück, genau in den Bereichen tätig zu sein, die ich auch studiert habe. Das ist gerade bei Sozialwissenschaften wie Politik und Kommunikation nicht selbstverständlich.
Seit Januar 2016 bin ich darüber hinaus Pressesprecherin vom Netzwerk Women in Digital e.V. Wir schaffen mit WIDI eine Plattform für digitale Frauen, die internen Austausch und externe Aufmerksamkeit fördert. Wir verstehen uns als Botschafter der Frauen. Tijen Onaran, die Gründerin des Netzwerks, ist auch Gründerin und Managing Director bei startup affairs – hier können wir Synergien großartig nutzen.
Meinen Berufseinstieg habe ich über einen Trainee gewählt. Es ging für mich ein Jahr in die Digitalbranche und hierbei in ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Nun baue ich darauf auf und bringe die neuen Kenntnisse mit den Gebieten Medien und Politik in Einklang.
- Was denkst du, war für deinen Einstieg ins Berufsleben ausschlaggebend – Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, Kontakte, Fleiß…?
Ich bin davon überzeugt, dass Fleiß gut ist, aber nicht reicht. Jeder Jobwechsel und insbesondere der Berufseinstieg sind auch mit einem Quäntchen Glück verbunden – und persönlichen Kontakten. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Wir leben in einer schnelllebigen Welt mit top ausgebildeten Young Professionals. Da reicht der tadellose Lebenslauf alleine manchmal eben nicht aus. Ganz wichtig ist, die Augen offen zu halten und sich zu vernetzen. Denn wenn es hart auf hart kommt, wählt der Personaler immer lieber jemanden, der ihm von einer vertrauensvollen Person empfohlen wurde.
Bei mir war das ganz ähnlich – aufmerksam geworden bin ich auf meinen ersten Job durch eine Freundin, die in dem Unternehmen tätig ist. Bei den Auswahlgesprächen rückt dann aber ganz klar die Kompetenz wieder in den Vordergrund.
- Was hast du aus dem Studium ins Berufsleben mitgenommen?
Das Studium ist fächerübergreifend für eine Sache am wertvollsten: zu lernen, sich selbst zu organisieren. Wobei der Schulplan noch sehr stark vorgegeben wird, öffnet die universitäre Lehre die Türen zur Selbständigkeit. Ich habe gelernt, meine Projekte zeitlich zu strukturieren. In den ersten Semestern im Bachelor machte ich immer den Fehler, kurz vor knapp so viel wie möglich auf Kurzzeit zu lernen. Das ist eine kurzsichtige Strategie. Schafft man sich jedoch im Voraus eine Wissensbasis, sind die kurzfristigen Effekte noch erfolgreicher.
Darüber hinaus musste ich in meinem Studium wahnsinnig viele Aufsätze schreiben – das hat mich gelehrt, meine Gedanken zu strukturieren und diese in einer interessanten Weise zu verschriftlichen.
Das Schreiben ist übrigens meine Geheimwaffe, effektiv zu arbeiten. So wie ich im Studium Karteikarten rauf und runter geschrieben habe, so verschriftliche ich noch heute alle Gedanken und Ideen, die wir in Meetings erarbeiten. Hierbei präferiere ich das analoge Schreiben gegenüber der virtuellen Mitschrift.
- Wie sieht dein Alltag aus? Wie kriegst du alles unter einen Hut?
Ich bin mittlerweile sehr strukturiert und stehe unter der Woche gerne früh auf. Wenn ich aufwache und es ist schon mittags, dann habe ich immer das Gefühl, ich habe den Tag verschwendet. Außerdem kenne ich das noch aus dem Studium – nachts habe ich nie gelernt. Wenn ich denken muss, dann am besten im Laufe des Tages. Regelmäßige Bewegung, in meinem Fall abends Jazz Dance, ist sehr gut um abzuschalten und den Kopf von ungewünschten Gedanken zu befreien.
- Was motiviert dich?
Meine Familie motiviert mich. Ich komme aus einer Einwanderungsfamilie, meine Eltern kamen Anfang der 1990er aus der Ukraine nach Deutschland. Sie waren beim Umzug erwachsen, haben die Sprache gelernt und sich in einem neuen Land ein Leben aufgebaut. Sie haben immer meine Bildung und meine sportliche Karriere gefördert (Ich war 10 Jahre im Tanzsport aktiv). Nun möchte ich zurückgeben – das ist Motivation genug.
- Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Am Meer mit Cocktail und Bikini!
Nein, Spaß beiseite. Ich möchte in 5 Jahren mit Anfang 30 richtig im Berufsleben angekommen sein. Ich habe jetzt schon viel darüber gelernt, was ich machen möchte und was lieber nicht. Diese Findung sollte in 5 Jahren vorbei sein – dann sollte es nur noch darum gehen, meine Stärken so gut wie möglich in meinem Berufsleben umzusetzen.
- Welchen Tipp würdest du deinem jüngeren Ich geben?
Sei weniger ängstlich und höre auf deinen Bauch. Er hat in den allermeisten Fällen immer sofort recht. Und triff Entscheidungen mutiger, im Beruflichen und Privaten.
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