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“Sag mal, wie viel arbeitest du eigentlich?”

Sep 29, 2015 · 3 mins read
“Sag mal, wie viel arbeitest du eigentlich?”
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Als ich eigentlich gerade zu Bett gehen wollte, mich aber statt dessen diesen Artikel tippend am Schreibtisch wiederfinde, muss ich an die Frage meiner Studienfreundin Ute denken, die ich seit längerer Zeit kürzlich wiedergetroffen habe. Als ich ihr von meiner Selbstständigkeit und den gefühlten 1.000 Projekten erzählte, fragte sie mich:

“Sag mal wie viel Stunden arbeitest du eigentlich?”.

Ich überlegte einen Moment.

“Naja, es ist schwer zu sagen, was nun Arbeit ist und was nicht”.

Sie erwiderte, dass sie neben mir nur eine Person kennen würde, der es genauso geht – also bei der Arbeit und Freizeit so nah verbunden sind, dass sie sich nur schwer trennen lassen. Und dass es eine tolle Sache ist, also meine Selbstständigkeit.

Zu viel oder zu wenig?

Irgendwie lässt mich diese kurze Unterhaltung nicht los. Ich habe eigentlich immer das Gefühl zu wenig zu machen. Als Selbstständige gibt es eben keinen Betriebsschluss, keinen richtigen Feierabend. Wenn ich dagegen meinen Freund fragen würde, dann würde er sagen, ich arbeite zu viel. Zum Beispiel jetzt, wo ich wieder mitten der Nacht am Schreibtisch arbeite, wo doch eigentlich Schlafenszeit ist.

Die Sache mit der Arbeitszeit verfolgt mich seit ich mich vor ein paar Monaten selbstständig gemacht habe. Früher war die Arbeit vorbei, als ich die Bürotür ins Schloss fallen ließ.

Als ich dann Angestellte und gleichzeitig selbstständig war, begann sie dagegen um 9 mit der Büroarbeitszeit und endete um 1 Uhr nachts, nachdem ich an die normale Arbeitszeit nochmal sechs Stunden freiberufliche Arbeit dran gehängt hatte. Ein Zustand, der auf Dauer nicht gut gehen kann – und auch eine der Gründe, warum ich mich schließlich für die Vollzeitselbstständigkeit entschieden habe.

Wann hat man GENUG gearbeitet? Click To Tweet

Mit dem gewonnenen Freiraum kamen die Zweifel. Habe ich heute genug geschafft, um Feierabend zu machen? Kann ich das Schreiben eines Blogposts, der nicht direkt zu meinem Lebensunterhalt beiträgt, überhaupt als Arbeit bezeichnen? Was ist an den Tagen, wo man einfach nichts gebacken zu bekommen scheint? Denn statt wie früher den Arbeitstag an der Bürotür abzulegen, bin ich heute ganz alleine für mich selbst verantwortlich. Und dann wären da noch die ganzen fiesen Ablenkungsmanöver namens Facebook, Twitter und Co, mit denen man sich mal wieder viel zu lange aufgehalten hat. Auf der anderen Seite: Wie oft hat man sich mal wieder mit den Kollegen in der Küche verquatscht und ist dann ohne schlechtes Gewissen zurück an seinen Schreibtisch getrabt.

Stechuhr für Selbstständige

Schließlich fand ich einen Ausweg aus meiner internen Misere. Ich begann für mich selbst nach Stoppuhr zu arbeiten, die ich konsequent anhielt, wenn ich mir etwas zu Essen machte oder den neuen Weekly Vlog von Consider Cologne gucken musste.

Die Quintessenz: Ich wusste nach jedem Tag, wie viele Stunden ich wirklich produktiv gearbeitet hatte, und das schlechte Gewissen nicht genug getan zu haben verschwand allmählich. Und wenn es da war, dann war es auch berechtigt.

Das richtige Maß

Heute brauche ich die Stoppuhr nicht mehr, weil ich weiß, was ich täglich leiste. Ich weiß auch, dass es Tage gibt, an denen einfach nichts so richtig gelingt und man auch nach Stunden noch über dem leeren Blatt sitzt.

Beziehungsweise sitzen würde.

Denn das ist doch genau der Vorteil an der Selbstständigkeit. Dass wir eben nicht unsere Zeit am Schreibtisch absitzen müssen, sondern jederzeit gehen können, wenn wir mal auf der Stelle treten. Und um das Minus an Arbeitszeit muss man sich auch keine Gedanken machen. Schließlich gibt es auch Tage wie heute, wo man noch weit bis Mitternacht in die Tasten haut und die Worte nur so heraussprudeln und man einfach nicht aufhören kann – ganz nach dem Motto:

Wähle einen Beruf den Du liebst und Du brauchst keinen Tag in Deinem Leben mehr zu arbeiten. Click To Tweet

(Konfuzius)

Und, wie viel arbeitest du? Diskutiere mit uns in den Kommentaren!

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