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Hast du die Stellenanzeige verstanden?

Oct 19, 2015 · 6 mins read
Hast du die Stellenanzeige verstanden?
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Was schreibt man in die Bewerbung, damit man genommen wird?

Diese Frage höre ich öfter. So richtig weiß ich nie, was ich darauf antworten soll. Nicht etwa, weil ich die vermeintliche Antwort nicht weiß, sondern einfach weil es dafür keine eindeutige Antwort gibt.

Und das mal ganz abgesehen davon, dass man ohnehin nicht irgendeinen Job suchen sollte, sondern einen, der zu einem selbst passt (denn seien wir ehrlich, zum glücklich sein gehört mehr, als einmal im Monat Geld auf dem Konto, im Tausch gegen einen Riesenbatzen deiner Zeit). Bevor du dich bewirbst, lies die Stellenanzeige, so banal das klingen mag. Sagt dir dein Gefühl, dass es etwas für dich sein könnte; dass du die oder der Richtige dafür bist? Lies sie ein zweites, lies sie ein drittes Mal. Und dann lies sie nochmal. Versuche bei deiner Bewerbung die folgenden fünf Punkte zu verinnerlichen:

Finde das Problem und biete an, es zu lösen

Das Unternehmen möchte jemanden einstellen. Es hat also ein ganz bestimmtes Problem, das es lösen will, aber alleine nicht kann. Mit deiner Bewerbung musst du zeigen, dass du sowohl in der Lage als auch motiviert bist, genau das zu tun. Doch bevor du das tun kannst, musst du erst das Problem erkannt und die Stellenanzeige verstanden haben.

Zum Beispiel: Gesucht wird eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit. Das Unternehmen möchte ganz sicher nicht nur deshalb jemanden einstellen, weil dort gerade ein leerer Stuhl steht. Sie brauchen eine Person, die eine ganz bestimmte Aufgabe, und somit ein ganz bestimmtes Profil erfüllt. Was könnte das sein? Ein Organisationstalent, das selbst im größten Veranstaltungschaos einen kühlen Kopf bewahrt und blitzschnell alle Schäfchen ins Trockene bringt? Oder aber ein Konzentrations-Ass, das die Ausdauer hat, sich stundenlang in eine Sache zu vertiefen, um am Ende mit einer kreativen Lösung aufzuwarten? Braucht das Unternehmen jemand, der den konservativen Laden mal so richtig aufmischt oder aber jemand, der endlich Ruhe in den Zirkus bringt?

Lies zwischen den Zeilen

Natürlich wird einem das niemand in der Stellenanzeige so deutlich sagen und auf den Punkt bringen – das wäre wohl zu viel der Ehrlichkeit. Umso wichtiger ist es also, dass du zwischen den Zeilen liest. Verstehst, was das Unternehmen wirklich will? Natürlich können bestimmte Floskeln in der Stellenanzeige auch oft eine Botschaft darüber enthalten, wie das Unternehmen so tickt. Belastbarkeit, Flexibilität oder Kundenorientierung werden in der Regel nicht umsonst gefordert. Das kann dir wichtige Aufschlüsse geben.

Scanne die Stellenanzeige nach wertvollen Hinweisen: Was wird deiner Meinung nach die größte Herausforderung in dem Job sein? Und warum wärst DU für den Part genau die oder der Richtige?

Als ein Bekannter von mir neulich eine Neubesetzung für eine Stelle suchte, plauderte er ein wenig aus dem Nähkästchen:

“Weißt du, das Problem liegt fast nie bei der Qualität der Bewerbungen. Die allermeisten sind erfahren und gut ausgebildet. Aber ich brauche jemand, der verstanden hat, was mein Problem ist, und es für mich löst. Wenn es um Kundenzufriedenheit geht, brauche ich kein Alpha-Tier; wenn ich Organisationstalent brauche, hilft mir ein genialer Texter nicht weiter; wenn ich jemand suche, der sein Team motiviert und anspornt, ist ein noch so effizientes Zeitmanagement-Ass fehl am Platze. Nach solchen eher soften Dingen suche ich hauptsächlich im Bewerbungsanschreiben.

Die Qualifikation ist die Voraussetzung, klar. Aber was ich brauche ist eine Person, die meine Bedürfnisse versteht.”

Versuche, die Stellenanzeige zu verstehen

Wenn ein Unternehmen also jemanden braucht, der auch im schlimmsten Sturm den Überblick bewahrt, dann zähle nicht im ersten Satz stumpf auf, dass du motiviert, flexibel und teamfähig bist. Das sind unangefochtene Basics – geschenkt. Nutze deine kostbaren Zeilen lieber dafür, dich auf ihr Problem zu konzentrieren, also ihnen zu erklären, dass du eben genau das was sie suchen ausgesprochen gut kannst. Vielleicht hast du immer neben dem Studium gearbeitetet und warst zudem ehrenamtlich tätig – und hast das nicht nur alles unter einen Hut bekommen, sondern die Uni auch mit Supernoten abgeschlossen? Füge unbedingt immer hinzu, wie und wo du deine Fähigkeiten (z.B. in Praktikum A und Nebenjob B) schon erfolgreich unter Beweis gestellt hast!

Ist jedoch jemand gesucht, der klare Arbeitsaufträge umsetzt, eine ausgeprägte Dienstleistermentalität hat und bisher noch jeden rasenden Kunden geschickt und höflich wieder beruhigt hat, brauchst du sicher nicht hervorheben, wie gut deine Noten in der Uni waren. Sondern dass du das absolute Fingerspitzengefühl für das Zwischenmenschliche und den Umgang mit Kunden hast. Arbeitgeber XY war damit übrigens immer in höchstem Maße zufrieden, siehe beigefügtes Arbeitszeugnis, bittedankeschön.

Ich hatte zum Beispiel bei meiner Bewerbung für meinen jetzigen Job das Gefühl, dass sie jemanden brauchen, der komplizierte Sachen einfach darstellen kann; einen Übersetzer für Deutsch-German, German-Deutsch sozusagen. Ich hatte Recht behalten. Und bewiesen, dass es dafür nicht immer unbedingt etliche Dekaden einschlägiger Berufserfahrung braucht.

Was ich damit sagen will ist, dass es nicht darauf ankommt, ein Superheld zu sein und schon mit 13 den Doktor gemacht zu haben. Sondern sich darauf einzulassen, was gesucht und gebraucht wird – und die eigenen Fähigkeiten gewinnbringend zu verkaufen. Deshalb ist es übrigens auch essentiell, den Lebenslauf und das Anschreiben immer auf das jeweilige Unternehmen anzupassen, denn jedes Unternehmen sucht einen anderes Profil und hat ein anderes Problem, das es lösen will.

Setze deine Fähigkeiten in Verbindung mit dem Unternehmen

Eine sehr schlaue Journalistin sagte mir mal:

“Other People care only about themselves. Make it about them – that’s the whole secret to success”.

Das gilt nicht nur für Leser, sondern auch für Unternehmen. Im Grunde interessieren sie sich ja nicht dafür, was du alles Tolles kannst. Sondern dafür, ob ihnen das etwas bringt (logisch, sie zahlen ja auch dafür).

Deshalb ist mein Tipp: Stelle nicht bloß dar, warum du qualifiziert und gut bist und was du schon alles für Studiengänge und Fortbildungen absolviert hast. Zumindest nicht einfach so, losgelöst vom Unternehmen. Setze es immer in Beziehung mit dem Unternehmen und erkläre dann, warum ihr beiden gut zusammenpasst. Beschreibt sich das Unternehmen als Überflieger, welches sich nicht “einfach nur” auf den Erfolgen ausruht, sondern stets nach Exzellenz und dem gewissen Etwas strebt? Dies ist der Moment damit zu glänzen, dass auch du eine solche Einstellung hast und dich selbst stets weiterbildest (siehe Fortbildungen X und Y) und daran arbeitest, deine Stärken zu pushen (siehe Workshop Z).

Ein weiteres Beispiel: Das Unternehmen hat internationale Standorte und Absatzmärkte? Dann ist dies eine gute Gelegenheit, deine eigene Auslandserfahrung ins Spiel zu bringen und damit in Beziehung zu setzen. Ein Erasmus-Semester im Ausland reißt noch keinen vom Hocker. Aber wenn du die interkulturellen Kompetenzen, die du dort erworben hast, gerne bei der internationalen Positionierung des Unternehmens einbringen möchtest, sagt schon eher etwas aus.

Setze alle deine Kompetenzen und Fertigkeiten in Beziehung zu deinem potenziellen Arbeitgeber. Denn nur dann bringen sie ihm etwas und nur dann kann er darauf hoffen, dass du sein Problem für ihn lösen kannst.

Sei selbstbewusst

Du musst nicht nur für deinen Lebenslauf leben, um auch ja alle angeblichen “Must-Haves” abzudecken, von 5 Praktika über 3 Auslandsjahre (alles vor dem 20. Lebensjahr, versteht sich). Weder die Beispiele, die hier genannt sind, noch die, die dir in etlichen Ratgebern eingebläut werden sind obligatorisch.

Was zählt, ist, dass du verstehst, was das Unternehmen braucht – und deine Fähigkeiten entsprechend anbietest.

Hast du Fragen?

Hast du noch weitere Fragen? Welche Erfahrungen hast du mit deinen Bewerbungen bisher gemacht? Was fällt dir am schwersten; worüber würdest du gerne mehr lesen? Diskutiere in den Kommentaren mit.

Fotocredit: Viktor Hanacek

Kennst du eigentlich schon…

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